Montag, 26. Mai 2014

Der Stand der Dinge

 
Die letzte Woche war ziemlich anstrengend, denn die letzten Wochen vor der WM werden von verschiedenen Berufsgruppen genutzt, um für Lohnerhöhungen zu streiken. Polizisten, Busfahrer, Lehrer und Sicherheitspersonal hat zum Streik aufgerufen. Besonders betroffen bin ich vom Streik der Busfahrer, denn dann fallen meine Stunden aus, da auch meine Studenten nicht in die Uni kommen.

Demonstrationen gibt es auch ein paar, die sind aber ziemlich klein: bis zu 2.000 Leute. Ich denke, das wird auch die Größenordnung sein, die wir bei der WM erwarten können. Die Demonstranten stammen aus dem politisch linken Milieu: Gewerkschaften, soziale Bewegungen und linke Parteien. Die Polizei begegnet den Demos mit einem kompromisslosen Großaufgebot und provoziert Zusammenstöße. Man kann dem deutschen Fan nur raten bei der WM den Demos fernzubleiben.

Auf der anderen Seite stellt sich gerade das WM-Fieber ein. Dieses Wochenende habe ich die ersten Autos mit Brasilienfahne gesehen. Die Schaufenster der Geschäfte werden immer mehr auf gelb-grün umgerüstet und das selbst wenn Matratzen, Parfum oder Schuhe verkauft werden. Kneipenwirte stellen sich sowieso schon auf die WM ein. Sie übernehmen im Moment auch die Initiative, um die Straßengestaltung zu organisieren.

In Brasilien ist es die Tradition, dass die Straßen bemalt und geschmückt werden. Normalerweise machen das die Anwohner. Aber wegen der Demos hat sich wohl keiner getraut und bisher hat auch niemand die Initiative übernommen. Aber wie gesagt, man kann immer mehr Fahnen auf den Straßen sehen.

Politiker oder die FIFA verhalten sich hingegen sehr ruhig. Seit Wochen hört man kennen Politiker mehr zum Thema. Selbst Romário, der eigentlich immer für eine Schlagzeile gut ist, hält sich bedeckt. Scheinbar will niemand auf das falsche Pferd setzen. Schließlich sind im Oktober Wahlen. Die FIFA hat ihre WM-Fahnen auch noch nicht aufgehängt. Ich glaube ja, dass sie das auch nicht machen werden. Ich finde das ja ganz angenehm, so scheint es, als ob die WM vom Volk und nicht von der FIFA gemacht wird. Die Leute freuen sich schon ganz eindeutig. Die Mädels vom Copy-Shop an der Uni haben auf jeden Fall schon kräftig Pläne geschmiedet.

Letzte Woche wurden die WM-Stadien in die Verwaltung der FIFA übergeben. Somit hat das letzte Spiel im Maracanã vor der WM am vergangenen Mittwoch stattgefunden. Fluminense konnte São Paulo mit 5:2 besiegen. Es sind aber noch drei Spieltag zu absolvieren und so müssen die Teams aus Rio in anderen Städten Spielen. Ich habe es gar nicht mehr geschafft ein Ligaspiel zu besuchen und werde es auch nicht mehr schaffen. Fluminense spielt zum Beispiel in Macaé, das sind 3-4 Fahrstunden. Das mache ich nicht.

Ich denke mal, dass jetzt das WM-Fieber steigt. Die brasilianische Nationalmannschaft ist heute in ihrem Trainingslager in Teresópolis, bei Rio, eingetroffen. Das wird jetzt zum Tagesthema Nr1. Da werden auch die Ligaspieltage in den Hintergrund treten.

Wie, um mich Lügen zu strafen, sehe ich gerade, dass ausgerechnet Ronaldo verlauten lies, dass er sich für die WM-Organisation schämt. Ronaldo ist Teil des WM-OKs! Aber es scheint, dass er politische Ambitionen hat und sich auf die Seite des Oppositionskandidaten Aécio Neves (PSDB) schlagen möchte. Damit möchte er der Präsidentin Dilma die Schuld in die Schuhe schieben. Das hat auch Romário wieder auf den Plan gerufen. Er hat Ronaldo Wankelmütigkeit vorgeworfen. Der Wahlkampf wird noch lustig!

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