Donnerstag, 23. Januar 2014

Torcidas Organizadas in São Paulo


Mit meinen deutschen Freunden besuchte ich nicht nur das Jugendspiel von São Paulo FC, sondern auch die Vereinssitze verschiedener Torcidas. Das ist in São Paulo besonders interessant, denn mehrere Torcidas sind hier auch Sambaschulen, die Karnevalsumzüge organisieren. Deshalb haben sie meist einen Vereinssitz, etwa ein Büro, oft mit Merchandisingshop, und eine Karnevalshalle, in der der Umzug vorbereitet wird. Insgesamt ist eine sehr gute Struktur notwendig, die sehr beeindruckend ist. Wir besuchten die Gaviões da Fiel von Corinthians, die Mancha Verde Von Palmeiras und die Dragões da Real von São Paulo FC.


Die Gaviões da Fiel sind darunter die bei weitem die größte Gruppe. Sie wurden 1969 gegründet und haben nach eigenen Angaben etwa 70.000 Mitglieder. Ihr Vereinssitz im Stadtteil Bom Retiro ist sehr beeindruckend. Es handelt sich um eine Halle, die das komplette Partyequipment bietet: Tanzfläche, Bühne für die Band, Küche, Bar, Toiletten und sogar Logen im Obergeschoss. Aber die Halle bietet auch Platz für den Fanartikelshop und Räume für das Präsidium. Bei Besuch dieser Einrichtung wird einem klar, dass die Halle viel mehr als der Sitz eines Fanklubs ist, es handelt sich eigentlich um ein Gemeindezentrum. Es steht den Fans immer offen. Die Küche kocht täglich. Die Damentoilette hat sogar einen Wickelraum, es wird also für die ganze Familie gesorgt.


Auf der anderen Seite der Straße befindet sich eine zweite Halle, in der die Wägen für den diesjährigen Karnevalsumzug montiert werden. Das Thema der Gaviões da Fiel (Treue Habichte) ist heuer Ronaldo Fenomeno. Wir durften keine Fotos knipsen, konnten aber die halbfertigen Wägen bestaunen. Danach hatten wir noch die Ehre den Karnevalsmeister Zilkson kennen zu lernen. Wer sich ein genaueres Bild der Umzüge machen möchte, schaue sich hier ein paar Fotos an:  http://www.imlanddesfussballs.blogspot.com.br/2013/02/karneval-in-rio-ii.html.


Für so einen Karnevalsumzug bekommen die Sambaschulen sehr hohe Startgelder von den Stadtverwaltungen. Diese Startgelder finanzieren die Vereinssitze. Im Gegenzug müssen sie einen sehr ausgeklügelten Umzug präsentieren, der aus mehreren Elementen besteht, zB: Vorhut, Wägen, Perkussionsgruppe, Fahnenträger, Sambakönigin etc. Dieser Umzug wird im Stadion Sambadrom aufgeführt und es gibt Noten. Am Aschermittwoch steht dann der Karnevalsmeister fest, aber es muss auch immer jemand absteigen.


Die Dragões da Real sind gerade auch in der ersten Liga, haben aber Partyhalle und Montage zusammengelegt. Ihre Struktur ist etwas kleiner. Somit stehen ihre Wägen mitten auf der Tanzfläche. Aber die Partyhalle ist ähnlich: Bar, Küche, Logen, Bühne etc. Ihr Motto sind die Erfindungen der 80er Jahre. Wir konnten deshalb eine Klasse Darth Vader Verkleidung bestaunen. Der eigentliche Vereinssitz der Dragões da Real ist ein Büro mit Verkaufsstand im Stadtzentrum. Hier treffen sich die Jungs, um gemeinsam zu den Spielen zu fahren.


Schließlich hatten wir noch das Vergnügen zum Sitz der Mancha Verde, ein kleines Häuschen gleich neben dem Klubstadion, zu fahren. Ihre Sambaschule ist gerade in der zweiten Liga und wir beschlossen uns mit ihnen am Sitz zu unterhalten. Der Sitz hat im Erdgeschoss den Fanshop und im zweiten Stock einige Räumlichkeiten, darunter eine Terrasse mit Grill.  



Die Präsidiumsmitglieder erzählten uns, dass sie sehr stark unter dem Problem leiden würden, dass sie von Presse und Polizei verfolgt werden. Einzelne Fans seinen zwar gewalttätig, aber die große Mehrheit eben nicht. Trotzdem würden immer Kollektivstrafen für die ganze Torcida gefordert. Dies war besonders der Fall, nachdem 1995 die Schlägerei auf dem Feld im Pacaembustadion live im TV übertragen wurde. Daraufhin wurde von der Staatsanwaltschaft das Verbot der Torcidas beantragt. Die Torcidas haben dann Sambaschulen gegründet und wussten, dass sie mit diesem administrativen Kniff dem Verbot zuvorkommen konnten. Später wurde der Antrag fallen gelassen. Damit können sich die Fans in erster Linie als Partyveranstalter profilieren: im Stadion und beim Karneval.



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