Montag, 16. Dezember 2013

Seminar Sportgroßereignisse


Diese Woche war ich auf einem Seminar zum Thema Sportgroßereignisse, dass von Geografen organisiert wurde. Ich fand die Veranstaltung interessant und wollte einige Informationen zusammenfassen. Zunächst gab es ein eher allgemeines Panel bei dem der Geograf Chris Gaffney grundsätzliche Daten zur WM in Brasilien aufführte. Dabei zeigte er, wie sich brasilianische Fußballvereine finanzieren, wie die Eintrittsgelder in den letzten Jahren in die Höhe geschnellt sind und wie sich die Stadionbauten verteuerten:




Im Anschluß stellte sich der Sportjournalist Juca Kfouri die Frage, warum sich Menschen, die in den 1970er Jahren gegen die Militärdiktatur gekämpft haben, wie Lula und Dilma, jetzt mit Mitgliedern dieser Diktatur, wie Marin abbilden lassen. Juca erzählte von einem Treffen mit Lula, bei dem der ehemalige Präsident zu verstehen gab, dass dies Verpflichtungen des Amtes wären.


Am Nachmittag gab es einen sehr interessanten runden Tisch, bei dem Vertreter aus allen 12 WM-Städten anwesend waren und berichteten. Zusammenfassend sind mir folgende Punkte aufgefallen:
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In allen Städten wird in erster Linie in ein neues Stadion, in Straßen, oft eine Straßenbahn und den Flughafen investiert.

-          Diese Infrastrukturmaßnahmen konzentrieren sich meist auf reiche Stadtteile und führen vom Flughafen, über eine Hotelgegend zum Stadion.

-          Meist waren die Projekte schon vor der WM-Vergabe geplant.

-          Die Teilnehmer berichteten von über 20.000 Zwangsenteignungen.

-          In allen Städten übersteigen die Kosten bei weitem den ursprünglichen Kostenvoranschlag.

-          Es wird nicht wirklich in den Tourismus investiert.

Ich finde den letzten Punkt sehr interessant, denn es ist mir schon aufgefallen, dass man eigentlich vor Reisen nach Brasilien zur WM warnen muss. Brasilien ist teuer geworden. Zur WM werden regelrecht Wucherpreise in Hotels und für Flüge verlangt. Es gibt auch keine Alternative, denn man kann die Entfernungen von tausenden von Kilometern kaum mit dem Auto oder Bus bewältigen. Brasilien denkt überhaupt nicht an fanfreundliche Angebote wie ein Weltmeisterticket der Bahn oder Fancamps, wie es sie 2006 gab. Man erwartet den reichen Touristen, der zahlen kann.
Das hat Konsequenzen für die lokale Bevölkerung, die sich darauf freuen würde ein paar Cents mit den Touristen zu verdienen. Denn ihre Angebote werden sie in den 5-Sterne Hotels nicht anbringen können. Es werden also wieder nur die Reichen etwas verdienen.
Würde man in eine dringend notwendige allgemeine Tourismusinfrastruktur investieren, dann könnten auch die kleineren Anbieter von so einem Event profitieren. Dazu wurden zwei sehr unterschiedliche Beispiele gezeigt. Zum einen zeigte die Vertreterin aus Cuiabá, dass keinerlei Verbesserungen an den Straßen in das Sumpfgebiet Pantanal durchgeführt wurden. Die Stadt investiert nicht wirklich in ihr touristisches Potential. Dabei war genau das das Argument, um Cuiabá als WM-Stadt aufzunehmen.
Auf der anderen Seite zeigte die Vertreterin aus São Paulo, dass die Stadt schon ein riesiges Tourismusaufkommen hat und zwar mit Events, bei der über eine Millionen Besucher erwartet werden. Zur WM rechnet man nur mit etwa 500.000 Besuchern. Für São Paulo sind also die WM-Touristen unerheblich. Wahrscheinlich würden sogar mehr Besucher kommen, wenn keine WM wäre - ein schon mehrfach beobachtetes Phänomen bei anderen Sportgroßereignissen.


Das Seminar endete mit einigen Professoren aus Deutschland, Südafrika und England, um über internationale Erfahrungen zu sprechen. Der Südafrikaner Chris Bolsman kritisierte dabei die Fanfeste und den Bau eines Hochgeschwindigkeitszuges. Letztere wäre nur für die Reichen und die Fanfeste wären überwachte Räume, um die Bevölkerung zu kontrollieren. Das ist erst einmal überraschend, denn Züge gelten in Deutschland meist als die umweltfreundlichere und günstigere Option und auch die Fanfeste galten als Errungenschaft. Endlich würden Fans ohne Eintrittskarten nicht mehr als der gefährliche Feind gesehen werden, sondern als willkommener Gast. Das war eine positive Änderung. Für mich heißt das, dass Megaevents in verschiedenen Ländern, verschiedene Wirkungen haben.


Das zeigt aber auch, dass es nicht nur innerhalb der Gesellschaften eine soziale Ungleichheit gibt, sondern auch zwischen den Ländern. Brasilien muss sich ständig rechtfertigen, dass es eine WM ausrichten kann. Ähnlich erging es Südafrika. Man steckt in dem Dilemma, dass man Missstände natürlich kritisieren will, aber Länder auch nicht herab lässig behandeln will.



Schließlich zeigte Chris Bolsman die Originalversion von Wacka-Wacka einer Kameruner Band. Kannte ich auch noch nicht. 

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