Mittwoch, 3. Juli 2013

Rückblick Confed Cup

Drei Tage nach dem Finale konnten sich die Eindrücke dieses Confed Cups etwas setzen und ich kann mich daran machen, einen kleinen Rückblick zu schreiben. Es ist viel passiert in den letzten zwei Wochen. Eine Bewertung fällt wie immer sehr schwer. Ich würde vorschlagen die Analyse in verschiedene Gesichtspunkte aufzuteilen.


Der Confed Cup ist sicherlich kein wichtiges und sportlich wertvolles Turnier, sondern dient eher als Testlauf für die WM im nächsten Jahr. Von daher muss die FIFA rundherum zufrieden sein mit dem Confed Cup. Organisatorisch ist im Stadion alles bestens gelaufen. Die Stadien wurden fertig und sind wunderschön. Es gab keine größeren Schlangen und der Sicherheitsapparat hat funktioniert. Ich hatte in keinem Flughafen des Landes Schwierigkeiten. Die FIFA dürfte außerdem gefreut haben, dass die Mannschaften tatsächlich Leistung gezeigt haben und wirklich gewinnen wollten. Das Ergebnis waren einige wunderbare Spiele auf höchstem Niveau. Genannt sei hier das 4:3 Italiens gegen Japan.


Italien war überhaupt die positive Überraschung des Turniers. Ich kann mich nicht daran erinnern eine so toll aufspielende Azzura gesehen zu haben. Neben den Topteams aus Europa und Südamerika wurde Tahiti, als Vertreter Ozeaniens, zum exotischen I-Tüpfelchen. Das Ergebnis waren nicht nur tolle Spiele, sondern auch eine Torflut. Abgeschlossen wurde das Ganze von einem berauschenden Finale, bei dem Brasilien über sich hinauswuchs. Drei Tore, einen Elfer, eine Rote Karte und eine der spektakulärsten Abwehraktionen der Fußballgeschichte, durch David Luiz, ganz abgesehen von den glänzend gelaunten Fans, waren die Zutaten. Ich hielt es auch für sehr glücklich, dass die FIFA vor jedem Spiel „Thunderstruck“ von AC-DC spielte.


Bei FIFA-Turnieren ist es so, dass man die Tickets im Internet kauft und einen Voucher ausdruckt. Diesen muss man dann an einem Kartenschalter gegen die Tickets eintauschen. Dabei gab es Klagen über lange Schlangen. Es ist aber so, dass die FIFA lange vor dem Turnier verkündete, dass die Tickets frühzeitig abgeholt werden sollten, um diese Schlangen zu vermeiden. Es wurde also darauf hingewiesen, dass die Kassenschalter einem Last-Minute-Ansturm nicht standhalten würden. Man kann jetzt darüber streiten, ob man damit übereinstimmt oder nicht.


Aus meiner Sicht ist viel bedenkenswerter, dass die Stadien zwar schön sind, aber zu Hochsicherheitstrakten wurden. Die übertriebene Besorgnis um die Sicherheit zerstört jegliche Fankultur. Man muss früh ans Stadion kommen, um Schlangen an der Kontrolle zu vermeiden, darf dann aber nicht zu den eigenen Liedern singen und tanzen, sondern wird von einem brüllenden Lautsprechersystem beschallt. Fangruppen werden wegen den Sitznummern getrennt und größere Fanutensilien sind verboten. Das Ergebnis ist eine erschreckende Stille in den Stadien während der Partien. Im Vergleich zu Ligaspielen sind Länderspiele einfach langweilig.


An den Stadien gibt es keine Parkplätze, was aus ökologischen Gesichtspunkten durchaus Sinn macht. Der Transport geschieht mit Sonderbussen, die an improvisierten Busbahnhöfen in gewisser Entfernung der Stadien halten. Das hat im Großen und Ganzen besser funktioniert als erwartet, nur in Recife gab es Klagen beim Spanienspiel. Hier ist mir nicht ganz klar, warum man nicht einfach noch eine Metro-Station am Stadion gebaut hat. Außerdem frage ich mich, wie Menschen, die Schwierigkeiten haben, zu Fuß zu gehen, den oft langen Weg von der Busstation bis zum Stadion zurücklegen sollen.


Das brasilianische OK ist sicherlich auch froh, dass der erste Test bestanden wurde. Jetzt hat man schon sechs funktionstüchtige Stadien und muss in den nächsten 12 Monaten nur noch die anderen sechs fertigstellen. Ich habe gelesen, dass beklagt wurde, dass die Wege zwischen den Städten sehr weit sind. Dem muss man aber entgegenhalten, dass Brasilien halt geografisch so groß ist. Das hat man gewusst, als das Land als WM-Gastgeber ausgesucht wurde und kann nicht geändert werden. Außerdem ist das in den USA oder Russland nicht anders. Wie gesagt, ich hatte keine Probleme an den Flughäfen.
Eine andere Diskussion war die fehlenden Sprachkenntnisse der Volontärs und Ordner. Ich habe das eigentlich anders erlebt, denn ich wurde meistens auf Englisch, manchmal sogar auf Deutsch angesprochen. Insgesamt ist es aber richtig, dass zu viele Brasilianer kein Englisch sprechen. Da herrscht sicherlich Nachholbedarf. Der Fan muss sich nächstes Jahr darauf einstellen entweder mit Händen und Füßen zu reden oder etwas Portugiesisch zu lernen.


Der große Moment dieses Confed Cups waren jedoch die Massenproteste auf der Straße. In Rio de Janeiro standen plötzlich 300.000 Menschen auf der Avenida Presidente Vargas und füllten sie komplett. Das Hubschrauberbild dieser Menschenmasse ist für mich das Bild des Turniers. Die Demonstrationen erschütterten Politik, Medien und Zivilgesellschaft in ihren Grundfesten. Die Regierung ging umgehend zu Reformmaßnahmen über, ja, es wurden regelrecht Vorschläge durchs Parlament gewunken. Das war ziemlich spannend.


Der Schwachpunkt des Turniers war die brasilianische Polizei, die völlig überfordert war. Ihre Strategie bestand daraus Tränengasbomben in die Menge zu werfen, um sie zu vertreiben. So wurde kein Unterschied zwischen friedlichen Demonstranten und Randalieren gemacht. So wurden die zuvor friedlichen Demonstranten wütend und begannen oft auch Steine zu werfen oder öffentliche Einrichtungen zu beschädigen. Das Ergebnis ist, dass weder die Randalier festgenommen, noch tatsächlich die Randale unterbunden werden konnten. Der einzige Erfolg war, dass die Stadien, und somit die FIFA-Veranstaltung, geschützt werden konnten. Es ist tatsächlich bemerkenswert, wie wenig die Rolle der Polizei in Brasilien diskutiert wird.



Insgesamt ist das Fazit jedoch positiv. Ich habe das Gefühlt, dass den Brasilianern selber das Turnier gefallen hat. Sie sind mit sich selbst im Reinen, denn sie haben nicht nur den Titel gewonnen und ihr Organisationstalent gezeigt, sondern auch ihre Bürgerpflicht getan und für Reformen protestiert. Deswegen ist Brasilien das Land des Fußballs, denn selbst politische Manifestationen sind an die Nationalsportart gebunden. 

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