Freitag, 21. Juni 2013

Nigeria – Uruguay 1:2


Salvador hat mich mit Regen empfangen. Trotzdem ist es sehr heiß, der Regen dauert meist auch nur fünf Minuten. Eigentlich ist gerade Nebensaison, aber wegen dem Confed Cup und den Junifesten, die im brasilianischen Nordosten sehr wichtig sind, kletterten die Hotelpreise. Am Samstag wird hier das letzte Gruppenspiel Brasiliens stattfinden, dann ist die Stadt voll. Aber zu Nigeria – Uruguay ist mein Hotel überraschend leer.  


Gestern habe ich noch kurz in Barra zu Mittag gegessen. Salvador ist wirklich eine wunderschöne Stadt. Fast überall hat man einen Blick aufs Meer. Von Barra fahre ich zum Campo Grande, um bei der Demo dabei zu sein, wie ich gestern geschildert habe. Ich habe insgesamt zwei Stunden in der Demo verbracht und bin relativ spät im Stadion angekommen. Um mich herum waren viele Fans aus Uruguay, die auch beinahe den Polizeiriegel nicht überwinden konnten.

Brasilianische Reporter waschen sich das Gas aus den Augen. Das Bild zeigt, wie rücksichtslos die Polizei vorgegangen ist.


Im Stadion habe ich dann erst mal den gestrigen Text über die Demos geschrieben. Deswegen habe ich sehr wenig vom Spiel mitbekommen, das aber scheinbar auch langweilig war. Die heimischen Fans kreierten eine Pan-Afrikanische Idee und unterstützten Nigeria (Salvador ist die brasilinische Stadt. Mit dem höchsten Anteil Afro-Brasilianer). Trotz Schwierigkeiten gelang es aber Uruguay durch Tore von Lugano und Forlan mit 2:1 zu gewinnen.


Die baianische Stadionspezialität ist der Acarajé. Es handelt sich dabei um in Palmöl frittierte Bohnenbällchen, die mit Vatapá (Erdnusscreme), Carurú (Okracreme) und getrockneten Garnelen gefüllt werden. Die Acarajés wurden zunächst von der FIFA verboten. Nach Protesten wurden sechs Verkäuferinnen ausgesucht, die dann doch verkaufen durften.


In der zweiten Halbzeit machte ich mich auf der Suche nach den Acarajés. Die ersten Ordner wussten nichts von Acarajés. Der nächste schickte mich zum Ausgang Nord, das war schon mal die richtige Richtung. Dort wurde ich dann aber falsch informiert. Andere Ordner wussten wieder von nichts, bis ich schließlich ankam. Während die Ordner in Brasilia und Belo Horizonte noch sehr kompetent waren, kann man in Salvador nur von Chaos reden. Auch meine Kollegen wurden mehrfach falsch informiert.  Schließlich fand ich aber die Acarajé-Stände und verspeiste einen für R$8. Der Preis ist ok und der Acarajé war lecker.


Nach dem Spiel kehrte ich mit dem Ballesterer-Mann Reinhard zurück nach Barra. Im Stadtteil Ondina zeigte sich uns ein Bild der Verwüstung. Müll und viel zerbrochenes Glas waren auf der Straße verstreut. Über war Polizei zu sehen und auch noch einige wenige Demonstranten. Schließlich kamen wir in Barra an, wo wir mit unserem schwedischen Kollegen Henrik zum Garnellenessen gingen. Direkt am Strand mit Meerblick. Mehrere uruguayische Fans fanden sich auch dort ein.


Freitag morgen habe ich dann Frühstücksfernsehen mit Anna Maria Braga auf TV Globo gesehen. Gestern waren richtig viele Leute auf der Straße. In Rio waren es etwa 300.000 Menschen. Ich habe den Eindruck, dass Globo jetzt zurückschlägt, denn einer Minute friedlicher Demo standen 30 Minuten Gewaltszenen gegenüber. Die Demonstranten wurden als Randaliere abgestempelt. Im Gegensatz dazu habe ich Polizeigewalt gesehen. Ich kann die Wut der Menschen verstehen.
Interessant fand ich auch, dass es scheinbar eine aktiven Ausschluss von der Gewerkschaft CUT und der Linkspartei PSTU gab. Ihre Fahnen wurden von Demonstranten zerrissen. Sie schrien: „Das vereinte Volk braucht keine Parteien.“ (O povo unido, não precisa de partido). Ganz ehrlich: Ich glaube nicht daran, dass eine Demokratie ohne Parteien funktioniert, ich halte das für einen Trugschluss. Mir scheint es eher so, dass es ein Problem Brasiliens ist, dass es keine funktionierenden Parteien gibt. Zum anderen zeigt sich hier auch wieder die Aggression gegen Vertreter von Arbeiterbewegungen. Das bestätigt meine Einschätzung, dass es sich um einen Protest der Mittelklasse handelt. Die progressive Politik der linksgerichteten PT-Regierung um Lula und Dilma hat eine so große Mittelklasse geschaffen, dass ihr das jetzt zum Verhängnis werden könnte.

Aber die PT hat reagiert. Ich habe gestern eine Presseerklärung der PT erhalten, in der zum Protest für besseren Nahverkehr aufgerufen wurde. Die PT besinnt sich ihrer Tradition und ihres Ursprungs aus den Gewerkschaften und will sich der Protestbewegung anschließen. Somit könnte eine Regierungspartei gegen sich selbst protestieren. Auch interessant.

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